Gute Pflege und gesunde Pflegekräfte gehören zusammen: 5. Heimkonferenz definiert Handlungsfelder für eine zukunftssichere Versorgung im Bodenseekreis

„Die pflegerische Versorgung im Bodenseekreis ist gut. Im Verbund mit Pflegeanbietern, Behörden, Sozialversicherungsträgern, Beschäftigten und Politik haben wir viel erreicht“, so beschrieb Landrat Lothar Wölfle bei der 5. Heimkonferenz am vergangenen Dienstag (10. Juli 2018) im Landratsamt Bodenseekreis in Friedrichshafen die Situation. Wölfle sah aber auch weiterhin konkreten Handlungsbedarf: „Wir müssen unsere bisherigen Anstrengungen verstärken, um auch zukünftig genügend motivierte und qualifizierte Pflegekräfte zu haben, die unsere pflegerische Versorgung sicherstellen.“ Auch die Gesundheit der Pflegenden spielt hierbei eine wichtige Rolle. Wichtige Ergebnisse auf diesem Weg konnte die Heimkonferenz vermelden: Durch eine neue Pflegedokumentation konnten in Pflegeeinrichtungen im Bodenseekreis psychische Belastungen der Beschäftigten reduziert werden. Als weitere Themen standen die Situation der Kurzzeitpflege und die Palliativversorgung auf dem Programm.

Die Gesundheit der Pflegenden ist ein wichtiges Handlungsfeld für den Mitveranstalter der Heimkonferenz, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Zusammen mit der Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW), dem MDK und der Heimaufsicht hatte die BGW Pflegeeinrichtungen im Bodenseekreis darin unterstützt, eine entbürokratisierte Pflegedokumentation einzuführen und dadurch die Belastungssituation der Pflegekräfte zu reduzieren. In der Heimkonferenz konnten BGW und UKBW zusammen mit dem Institut IEGUS die Ergebnisse präsentieren: Die Motivation der Pflegekräfte konnte zum einen gesteigert werden, zum anderen erlebten die Pflegenden mehr Zeit für die Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner und mehr eigenverantwortlichen Handlungsspielraum. Erhard Weiß, Geschäftsführer der BGW Karlsruhe, zeigte sich mit den Ergebnissen zufrieden: „Die Belastungssituation durch Bürokratieaufwand ist in den teilnehmenden Einrichtungen gesunken. Und das Ergebnis „Mehr Zeit für die Pflege“ ist ein Gewinn auch für die pflegebedürftigen Menschen.“ Die Vertreterinnen und Vertreter der stationären Pflegeeinrichtungen begrüßten diese Entwicklung, wiesen aber auf die weiterhin angespannte Personalsituation hin. Das Thema Personalsituation griff der Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen auf, der die Heimkonferenzen 2014 mit initiiert hatte und seitdem begleitet. „Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wollen wir im Bund die Grundlage legen, um Personalengpässen in der Pflege wirksam zu begegnen.“ 13.000 neue Stellen in der Altenpflege stellte Lothar Riebsamen bundesweit in Aussicht, die alle über die Krankenversicherung finanziert werden und auch den Einrichtungen im Landkreis zugutekommen. „Dies ist ein erster Schritt. Wir werden natürlich weitere Anstrengungen unternehmen, um die Personalsituation in der Pflege zu verbessern.“ Auch gehe es darum, die Attraktivität der Pflegeberufe zu erhöhen, damit genügend Menschen den Beruf ergreifen oder weiter ausüben wollen. Daher begrüßte Riebsamen auch die von der Bundesregierung angekündigte „Konzertierte Aktion Pflege“ und die Aktivitäten der Kooperationspartner im Bodenseekreis. Erhard Weiß von der BGW konnte den Pflegeeinrichtungen bereits ein nächstes, passendes Unterstützungsangebot unterbreiten: „Zusammen mit der Unfallkasse bieten wir Qualifizierungsangebote für die Führungskräfte der Einrichtungen an, um ihnen dabei zu helfen, die Gesundheit ihrer Beschäftigten stärker in den Blick zu nehmen und zu fördern.“ Sozialdezernent Ignaz Wetzel sagte die Unterstützung des Landkreises zu: „Wir werden das Angebot der Unfallversicherungsträger gerne mit den Kompetenzen unserer Behörden unterstützen.“

Kurzzeitpflegeplätze im Landkreis rar

Wiltrud Bolien von der Pflegeplanung des Landkreises wies auf den konkreten Bedarf an zusätzlichen Kurzzeitpflegeplätzen hin. „Kurzzeitpflege ist ein wichtiges Instrument, um beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt die Zeit zu überbrücken, bis für pflegebedürftige Menschen die häusliche Pflege organisiert ist. Kurzzeitpflege hilft daher eine dauerhafte stationäre Versorgung zu vermeiden.“ Die Kreispflegeplanung prognostiziere, dass bis 2025 eine deutliche Unterdeckung in diesem Bereich besteht. Bolien rief daher die Einrichtungsträger dazu auf, zusätzliche Plätze bereitzustellen. Eine Lösungsmöglichkeit sei, eine eigenständige Kurzzeitpflegeeinrichtung im Landkreis zu betreiben.
Eine Zwischenlösung für das Problem bot Achim Lange, Sachgebietsleiter der Heimaufsicht, an. Die landesrechtlichen Vorschriften sehen vor, dass neue und auch bestehende Pflegeheime zukünftig nur Einzelzimmer anbieten. Lange kündigte an, im Einzelfall bestehenden Heimen im Rahmen einer Übergangsfrist auch weiterhin Doppelzimmer zu genehmigen, sofern diese für Kurzzeitpflege zur Verfügung stünden. „Die Landesheimbauverordnung bietet die Möglichkeit, in Sonderfällen übergangsweise Ausnahmen zu genehmigen. Von dieser Möglichkeit werden wir Gebrauch machen, wenn es die Versorgungssituation entspannt“, so Lange. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Heimkonferenz sahen auch den Bundesgesetzgeber in der Pflicht, die finanziellen Rahmenbedingungen für die Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen zu verbessern. Lothar Riebsamen machte deutlich, dieses Thema in Berlin weiterhin mit Nachdruck zu verfolgen.

Palliativversorgung als zukünftiges Handlungsfeld


Unter dem Motto „Palliativversorgung ist mehr als Sterbebegleitung“ stellte Angela Gotzmer-Groß vom Gesundheitsamt ihren Vortrag zur Palliativversorgung im Bodenseekreis vor. Mit Unterstützung von Dr. Michael B. Mussler (MVZ am Klinikum Friedrichshafen) und Dr. Detlev Jäger (Klinikum Friedrichshafen) erläuterte sie die ethischen Grundprinzipien der Palliativversorgung und wesentliche Handlungsfelder. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewegte besonders die Frage, wie man sicherstellt, dass der Patientenwille von Palliativpatienten in Heimen auch in einem akuten medizinischen Notfall berücksichtigt werden kann. Eine reibungslose Kommunikation zwischen Pflegefachkräften, begleitenden Hausärzten und Notfallmedizinern und ein Gespür für die ethischen Implikationen seien hierfür nötig, so der Tenor der Diskussion. Daher wird es für die Heime zukünftig im Landkreis ein Fortbildungsangebot zur Palliativversorgung geben.

Die jährlichen Heimkonferenzen im Bodenseekreis sind Teil einer Kooperation der Aufsichtsbehörden des Landkreises mit den Unfallversicherungsträgern und dem Medizinischen Dienst. Seit Ende 2013 arbeiten im Bodenseekreis alle Institutionen, die mit Pflegequalität, Bewohnersicherheit und Mitarbeitergesundheit rechtlich befasst sind, zusammen, um den stationären Einrichtungen Hilfestellung zu geben, sich in der Vielzahl der rechtlichen Anforderungen besser orientieren zu können, und mit den Unternehmen zusammen die pflegerische Versorgung weiterzuentwickeln.