Schutzmöglichkeiten für straßenüberquerende Wanderungen

Die wohl am häufigsten praktizierte Form des Amphibienschutzes ist die Betreuung von straßenüberquerenden Wanderungen mit saisonalen Krötenzäunen; solche Maßnahmen waren und sind zugleich eine der wichtigsten Einstiegsmöglichkeiten in die praktische Naturschutzarbeit.

Krötenzäune haben den Vorteil, dass sie, wenn sie über mehrere Jahre betrieben werden, relativ genaue Daten zur Anzahl und Artenzusammensetzung der wandernden Tiere und über räumliche Wanderungsschwerpunkte liefern; Nachteil der Zäune ist der relativ große Aufwand beim Aufbauen und der wochenlangen täglichen Kontrolle; zudem wird in fast allen Fällen nur die Frühjahrshinwanderung vor dem Straßentod bewahrt, nicht aber die Herbstwanderung und, besonders wichtig, die Jungtierabwanderung.

Die technischen Anforderungen an Material und Bauweise von mobilen Amphibienzäunen sind bei FREY & NIEDERSTRASSER (2000) zusammengestellt; eine ausführliche Bibliografie zu diesem Thema findet sich bei GEIGER & KRONSHAGE 2003.

Die wichtigsten Anforderungen an provisorische Folienzäune sind:

  • sichere Sperrwirkung durch senkrechte, mindestens 40 cm hohe Fläche,
  • zur Anwanderseite hin geneigter Überhang als Übersteigschutz,
  • nicht überkletterbares Material (keine Gewebematerialien; Haltepfosten nicht auf der Anwanderungsseite,
  • möglichst undurchsichtiges Material (bessere Leitwirkung),
  • vegetationsfreie Laufebene mit möglichst senkrechtem Übergang zur Zaunwand

Hinzu kommen Anforderungen an die Fanggefäße:

  • Fanggefäße möglichst mit nach innen überstehendem Rand (ausgeschnittener Deckel o. ä.) um Molche und Jungtiere am Verlassen der Eimer zu hindern,
  • Boden der Fanggefäße mit Laubbedeckung als Versteckmöglichkeit und Austrocknungsschutz,
  • ein Stock als Ausstiegshilfe für Kleinsäuger (vgl. MÜHLSCHLEGEL & VENCES 1997).

In manchen Fällen, auch im Bodenseekreis, liefern saisonale Zäune, wenn sie über längere Zeit betreut werden, sowohl den Beleg für die Notwendigkeit einer dauerhaften Einrichtung (Leiteinrichtung und Unterführung) als auch Grundlagen für deren räumliche Anordnung. Solche dauerhaften Einrichtungen haben den wesentlichen Vorteil, dass nicht nur die Frühjahrswanderung, sondern alle Wanderungen vor dem Straßentod bewahrt werden (zudem auch die Straßenquerungen anderer Tiere wie Säuger, Reptilien oder Laufkäfer).

Auch hierfür haben FREY & NIEDERSTRASSER (2000) die Regelanforderungen zusammengestellt. Zusätzlich den oben aufgeführten Anforderungen an die Sperr- und Leitwirkung sind bei festen Einrichtungen wichtig:

  • die Leiteinrichtung muss von der Straße her überwanderbar sein (darf also nur in eine Richtung wirken),
  • Einbau in Böschungen muss möglich sein,
  • möglichst wenige und möglichst schmale Stoßfugen (lange Elemente),
  • keine Materialermüdung über einen Zeitraum von 20 - 30 Jahren,
  • möglichst geringer Pflegeaufwand (möglichst breite Laufebene, keine Mahdhindernisse),
  • Einbindung von Wegeeinmündungen durch amphibiensicher konstruierte Gitterroste (Konstruktionsmerkmale bei RATZEL 1993).
     
     

Wichtig ist bei Leiteinrichtungen, dass sie möglichst straßennah verlaufen, nicht nur weil straßenferne Zäune leicht "vergessen" und nicht unterhalten werden. "Der Amphibienschutz darf keine Begründung dafür liefern, unüberwindbare Sperren für erdgebundene Kleintiere in die Landschaft zu bauen, potentielle Lebensräume zwischen Straße und Schutzanlage auszuschließen und den darin gefangenen Amphibien nur noch die Flucht zur Straße hin zu ermöglichen" (FREY & NIEDERSTRASSER 2000).

Als Unterführung am besten bewährt haben sich Rechteckdurchlässe ("Stelztunnel") mit Laufsohle aus anstehendem Bodenmaterial. Die Auswahl und Anordnung von unterschiedlichen Tunneltypen hängt von den jeweiligen Verhältnissen im Gelände ab (Topographie, Wanderrichtung, Grundwasserstand usw.); bei FREY & NIEDERSTRASSER (2000) finden sich zahlreiche Beispiele für unterschiedliche konstruktive Lösungen.

Es sind inzwischen mehrere verschiedene Fertigsysteme sowohl für mobile Schutzzäune als auch für dauerhafte Leiteinrichtungen im Handel erhältlich. Bei FREY & NIEDERSTRAßER (2000) finden sich eine kurze Darstellung und Beschreibung der Systeme und die Ergebnisse einer Funktionsprüfung.

Der Laubfrosch lässt sich als Kletterer in der Regel von Zäunen oder Leiteinrichtungen nicht aufhalten; zur Anwanderseite übergebogene halbrunde Beton-Leitelemente und Leitelemente mit breitem waagerechtem Überhang werden allerdings auch vom Laubfrosch kaum überwunden (ZBIERSKY & SCHNEEWEISS 2003) Die dritte, im Kreis ebenso wie im übrigen Baden-Württemberg zunehmend praktizierte Schutzmethode ist die zeitweilige Straßensperrung während der Amphibien-Wandersaison. Diese Methode hat den großen Vorteil, dass sie, anders als Zäune, Tunnel und Leiteinrichtungen, mit keinerlei Eingriffen in das natürliche Wanderungsgeschehen verbunden ist; die Tiere können wandern, wann und wo sie wollen.

Sperrungen können entweder abhängig von der tatsächlichen Wanderungsstärke in einzelnen Nächten vorgenommen werden oder unabhängig von der tatsächlichen Wanderungsstärke allnächtlich über einen längeren, vorher definierten Zeitraum von etwa 4 - 6 Wochen. Die letztere Variante - im Bodenseekreis am Daisendorfer Weiher und bei FN-Unterbaumgarten realisiert - hat den Vorteil, dass sie für alle Beteiligten - Autofahrer wie Schrankenbetreuer - besser einplanbar ist; sie erfordert aber größeren personellen Aufwand für das wochenlange pünktliche Öffnen und Schließen der Schranken.

Bei der 2004 in Betrieb genommenen automatischen, fernbedienbaren Schranke an der K 7782 zwischen Mühlhofen und Grasbeuren fällt dieser personelle Aufwand weg. Denkbar wäre auch (bei sehr wenig befahrenen Straßen und zumutbarer Umleitung) eine durchgehende Tag-und-Nacht-Sperrung über einen mehrwöchigen Zeitraum.

Nachteil der Straßensperrung ist neben dem personellen Aufwand, dass keinerlei Daten über Größenordnung, Artenzusammensetzung und Bestandsentwicklung der betroffenen Populationen anfallen, so dass sich der Erfolg nicht ohne weiteres überprüfen oder belegen lässt.

Problematisch ist bei den im Kreis praktizierten Straßensperrungen, dass sie fast ausschließlich zur Zeit der Frühjahrslaichwanderung stattfinden, dass also - wie bei den saisonalen Zäunen - der Herbstzug und vor allem die im Juni tagsüber stattfindende Abwanderung der Jungtiere meist nicht geschützt sind.