Das Jahrhundert der Industrie

Drei Kinder betrachten den ersten Aufstieg des Zeppelin-Luftschiffes am 2. Juli 1900 in der Manzeller Bucht bei Friedrichshafen. Nun erst beginnt das Industriezeitalter auf dem Nordufer des Sees. Die Kinder mögen das rapide Wachstum der Friedrichshafener Industrie in diesem Jahrhundert verfolgt und erlebt haben. Über drei Rüstungskonjunkturen und die Verkehrsrevolution dieses Jahrhunderts entsteht aus dem Luftschiffbau ein Konzern und heute ein »europäisches Zentrum der Metallindustrie«. Bis zum 2. Weltkrieg konzentriert sich die Industrie auf Friedrichshafen, seither erfasst die Industrialisierung das gesamte Nordufer, alle Lebensbereiche. Industriebetriebe stehen heute in jeder Landgemeinde. Die Träume vom »silicon-Valley« zerstört freilich die Krise der 80er Jahre. 

Die Bevölkerung verdoppelt sich seit dem Krieg, noch stärker nehmen die Siedlungsflächen zu. Heute leben hier nur noch wenige Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Anlagen von Sonderkulturen überziehen die Landschaft. In den Sommermonaten bevölkern Touristen vor allem die Uferorte. 

Die politische Geschichte am See folgt den Zäsuren deutscher Geschichte. 1919 demonstrieren in Friedrichshafen Arbeiter mit am frühesten im Reich für den Frieden, nach der Novemberrevoution suchen Arbeiterräte, eine weitergehende Demokratisierung durchzusetzen. In der NS-Zeit machen die einen mit wie anderswo, andere erleiden Verfolgung, KZ, Euthanasie. Am Ende des Kriegs ist Friedrichshafen eine zerstörte Stadt. 1936 wird das Bezirksamt Pfullendorf mit Überlingen vereinigt, eine Gemeindereform in Landkreis Tettnang reduziert die Zahl der Gemeinden 1937 von 17 auf 13. Gravierender verändert die Verwaltungsreform 1971 bis 1973 die kommunale Landkarte. Durch den Zusammenschluss des Kreises Tettnang mit dem größten Teil des Kreises Überlingen entsteht der Bodenseekreis mit noch 23 gegenüber vorher 66 Gemeinden. 

Die Kinder staunten 1900, Winidhere blickte im 9. Jahrhundert voll Gottvertrauen. Wieder steigt ein Luftschiff in den Himmel. Wir blicken fragend in die Zukunft, wissend, dass wir sie mitgestalten.