Wie alles begann ... und wie die Schutzimpfung sich weiterentwickelt hat

Schon in der Antike waren Seuchen bekannt, in Europa haben die großen Seuchen und Epidemien viel Leid und Verluste unter der Bevölkerung hervorgerufen. Der Pest, dem „schwarzen Tod“ im Mittelalter, folgten im 18. und 19. Jahrhundert Pocken, Cholera und Tuberkulose.  Etwa jedes neunte Kind starb damals an Pocken bevor es zehn Jahre alt war, vielfach wurde Kindern erst nach überstandener Pockeninfektion ein Name gegeben. Besonders in großen Städten wüteten immer wieder Epidemien, die unzählige Opfer forderten, im 18.Jahrhundert starben in Europa mehrere Hunderttausend Menschen an den Folgen von Pocken, Überlebende waren durch Narben entstellt.

Wie die Ausbreitung von Seuchen erfolgte war nicht bekannt, es wurde jedoch vermutet, dass eine Ansteckung untereinander stattfand, also wurden Strategien entwickelt, um die Seuchen einzudämmen. An erster Stelle stand die Flucht – „Fliehe bald, fliehe weit weg, komm spät zurück“, so lautete ein Seuchen – Merkspruch. Schutzkleidung, Absonderung, Kennzeichnung, Absperrung von ganzen Städten und auch der Einsatz von „Theriak“, einem Gegengift, das gegen alle Seuchen wirken sollte, sowie Gebete und Gelübde wurden im Kampf gegen die Infektionen eingesetzt, leider mit wenig Erfolg.

Doch früh schon wurde erkannt, dass nach einer Pockenerkrankung keine weitere Ansteckung erfolgte. Diese Erkenntnis wurde vermutlich schon 200 v. Chr. in Asien umgesetzt, indem Gesunden Teile der Krusten oder Flüssigkeiten von leicht Erkrankten appliziert  wurden. Nach Europa wurde diese Methode von einer englischen Adeligen gebracht, als Vater der aktiven Impfung gilt aber der Engländer Edward Jenner, der beobachtet hatte, dass nach überstandener beim Menschen leichter verlaufender Kuhpockeninfektion keine Ansteckung mit Pocken erfolgte. Er nannte diese Immunisierung „Vaccination“, von lat. vacca: Kuh, ein Begriff, der sich für die Impfung bis heute erhalten hat.

Den Beweis für die Existenz von Bakterien erbrachte allerdings erst fast hundert Jahre später Robert Koch mit dem Nachweis der Erreger von Milzbrand (1876) und des Tuberkulose-Bakteriums (1882). Pasteur, Roux, Ehrlich, von Bering und andere  Wissenschaftler forschten ebenfalls auf dem neuen Gebiet der Mikrobiologie und 1880 wurde schließlich der erste Impfstoff gegen Diphtherie und Wundstarrkrampf entwickelt.

Im 20. Jahrhundert wurden Impfstoffe gegen zahlreiche Infektionskrankheiten entwickelt, seit 1967 gibt es von der Weltgesundheitsorganisation initiierte Impfprogramme. Noch in den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts starben etwa 20 Millionen Menschen an Pocken, nach weltweiter Einführung der Impfung wurde der letzte offizielle Todesfall 1980 registriert, seitdem gelten die Pocken als ausgerottet. Die globale Ausrottung der Kinderlähmung, die von der WHO als nächstes Ziel anvisiert worden war, ist bislang nicht gelungen. Europa gilt zwar als Polio-frei, doch bei nachlassender Durchimpfungsrate ist eine Rückkehr aus Ländern, in denen die Krankheit noch vorkommt, jederzeit wieder möglich.

Seit der ersten aktiven Impfung durch Jenner mit Kuhpocken sind viele Jahre vergangen, die Impfstoffe wurden kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert. Bei der aktiven Impfung wird eine natürliche Ansteckung nachgeahmt, abgeschwächte  oder abgetötete Krankheitserreger oder deren Bestandteile oder Toxine  werden in den Körper eingebracht. Dadurch wird  das Immunsystem wie bei einer echten Infektion zur Bildung von Antikörpern angeregt  (wird selbst „aktiv“ ) und somit wird ein langjähriger Schutz gegen die jeweilige Infektionskrankheit aufgebaut. Bei erneutem Kontakt erinnern sich sogenannte Gedächtniszellen und regen das Immunsystem wieder zur Bildung von Antikörpern an. Dieses Prinzip gilt für alle Schutzimpfungen.

Von der Schutzimpfung zu unterscheiden ist die passive Immunisierung, bei der  ein Impfstoff mit  spezifischen Antikörpern gegen den betreffenden Krankheitserreger oder dessen Toxin injiziert wird, wodurch ein sofortiger, jedoch nur kurzfristiger Schutz erzielt wird, da keine Gedächtniszellen gebildet werden wie bei der passiven Immunisierung oder nach durchgemachter Krankheit. Solch eine Immunprophylaxe wird beispielsweise bei schweren Verletzungen mit Tetanus - Immunglobulin durchgeführt, wenn kein ausreichender Schutz durch eine vorangegangene Schutzimpfungen besteht. Ein weiteres Beispiel ist  die Gabe von Tollwut - Immunglobulin nach Tierbiss.

Im 21. Jahrhundert ist für viele die Schutzimpfung selbstverständlich, praktisch jeder ist geimpft, zumindest gegen Tetanus und Diphtherie. Wie die Durchimpfung bei Kindern im Bodenseekreis aussieht und welche Impfungen von der Ständigen Impfkommission für Kinder und Jugendliche empfohlen werden, wird im nächsten Artikel zu lesen sein.