Grüne Gentechnik im Blickpunkt

Derzeit steht die Novellierung des Gentechnikrechts auf Bundesebene an. Das Kabinett hat den Gesetzesentwurf neulich verabschiedet, nach der Sommerpause beginnen die Beratungen im Bundestag und Bundesrat. U.a. wurden Anbauvorschriften für den Maisanbau festgelegt mit einem Mindestabstand von 150 m zu anderem konventionellen Mais und der doppelte Abstand zum ökologischen Maisanbau. Die uneingeschränkte Haftung für den "Genmaisanbauer" soll unverändert beibehalten werden. Unter diesen Voraussetzungen ist der Anbau von gentechnisch verändertem Mais im Bodenseekreis aufgrund der kleinräumigen Agrarstruktur, des Haftungsrisikos und des Verbraucherwillens derzeit nicht relevant, so wie es auch schon der Ausschuss für Umwelt und Technik des Landkreises in seiner Sitzung am 11.06. d. J. festgestellt hat. Sowohl Beratung als auch Bauernverbände stehen voll hinter dieser Einschätzung. Die Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg, Frau Tanja Gönner schreibt in einer Einladung zu einer Gentechniktagung wie folgt: "... das Thema 'Grüne Gentechnik' berührt zentrale Fragen der Technik- und Risikobewertung. Auseinandersetzungen auf Sachebene sind außerordentlich schwierig: Zum einen beurteilen selbst Gentechnikexperten die Chancen und Risiken unterschiedlich, zum anderen ist die Akzeptanz der „Grünen Gentechnik“ in weiten Teilen der Bevölkerung nicht gegeben".

 


Wo ist "Gentechnik" zu finden?

Unter "Grüner Gentechnik" versteht man die Anwendung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in der Landwirtschaft (insbesondere in der Pflanzenzucht), unter "Roter Gentechnik" die Anwendung in der Medizin (gentechnisch hergestellte Arzneimittel sind bereits stark verbreitet) und unter "Grauer Gentechnik" die Verwendung im chemisch-technischen Bereich (z. B. zur Herstellung von Enzymen= "Biokatalysatoren" und Zusatzstoffen). Obwohl in Deutschland bisher keine Lebensmittel, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wurden, auf dem Markt sind (Kennzeichnungspflicht!), wird die Gentechnik im Herstellungsprozess verschiedener Lebensmittel bereits heute eingesetzt. So werden seit Jahren Futtermittel mit gentechnisch veränderten Bestandteilen (Soja, Vitaminzusätze) verfüttert, sowie z.B. Chymosin anstelle von Kälberlab bei der Käseherstellung oder die Zusatzstoffe wie Glutamat, Riboflavin, Vitamin B 12 und Hefen, die mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen gewonnen werden, bei der Herstellung verschiedener Lebensmittel eingesetzt. Lt. Angaben von Wissenschaftlern sind bereits heute etwa 70 % der Lebensmittel mit Gentechnik in irgendeiner Form in Berührung gekommen.

 

Was ist eigentlich Gentechnik?
Die Desoxyribonukleinsäure (DNS) ist "Leben". In ihr ist die ganze Information enthalten, die für die Entstehung eines Lebewesens (Pflanze und Tier) notwendig ist. Die Erbinformation ist hierbei in bestimmte Abschnitte gegliedert, die Gene. Diese bestehen bei allen Lebewesen aus den gleichen Grundbausteinen, d. h. aus 4 verschiedenen Basen. Die Gene sind nicht zufällig in den einzelnen Zellen verteilt, sondern sie unterliegen einer strengen Ordnung. Sie sind in Chromosomen organisiert, in einem ganz genau festgelegten System wird so die Erbsubstanz bestimmt. Die Gesamtheit der Gene eines Organismus, den genetischen Bauplan, bezeichnet man als Genom. Dieses enthält beim Menschen mindestens 80.000, bei Kulturpflanzen ca. 25.000 und bei Bakterien etwa 2.000 Gene. Mit gentechnischen Methoden ist es heute möglich, Gene und damit die Funktionen aus der DNS eines Organismus "herauszuschneiden" und in die DNS eines anderen wieder einzufügen. Die verschiedenen Verfahren, die hierbei zur Anwendung kommen, werden unter dem Begriff Gentechnik zusammengefasst.

 

Wie läuft die Entwicklung einer transgenen Pflanze ab?
Es ist ein weiter Weg, bis eine gentechnisch veränderte Pflanze vom Labor auf den Acker kommen kann. Zunächst muss es im Labor gelingen, das Gen für ein bestimmtes und gewünschtes Merkmal in die Pflanzenzelle zu übertragen und in die DNS zu integrieren. Die veränderten Zellen wachsen dann zu Zellhaufen heran, woraus sich die neuen transgenen Pflanzen (z.B. Mais mit Resistenz gegen Maiszünsler und Maiswurzelbohrer) entwickeln. Was im Labor gelungen ist, muss sich dann Schritt für Schritt zuerst im Gewächshaus und dann im Freiland beweisen. Die Entwicklung, die über Jahre geht, muss eine ganze Reihe von Prüfungen durchlaufen. Hierbei ist zu klären, ob die landwirtschaftliche Anwendung solcher Pflanzen unbedenklich ist. Fragen hierbei sind z.B. die Pollenübertragung auf Wildpflanzen und die Bildung allergener Eigenschaften u. a. m. Nach der Labor- und Gewächshausphase kommt die Freisetzungsphase, die unter strengen Auflagen erfolgt und insbesondere die Umweltauswirkungen zur Prüfung hat. Diese dauert etwa 3 bis 4 Jahre; die Genehmigung und Überwachung erfolgt durch das Robert-Koch-Institut in Berlin, in Baden-Württemberg durch das Gentechnikreferat beim Regierungspräsidium Tübingen. Sofern die transgene Pflanze diese Prüfung erfolgreich bestanden hat, muss sich die neue Sorte wie jede andere auch einem Wertprüfungsverfahren unterziehen. Bei diesem hat die Sorte den Zuchtfortschritt, den landeskulturellen Wert, zu beweisen. Dieses Zulassungsverfahren dauert mindestens 2 Jahre, danach darf die Sorte in den Verkehr gebracht und in der Praxis eingesetzt werden. Eine solche Zulassung haben bisher in Deutschland 6 Maissorten erhalten. Für eine Kartoffelsorte mit gentechnisch verändertem Stärkegehalt und ausschließlich für industrielle Verwendung steht die Zulassung an. Ungeachtet aller züchterischen Fortschritte und Möglichkeiten, die mit Hilfe der Gentechnik erreichbar sind, unterstützt das Landratsamt Bodenseekreis die Forderung an alle "Gentechnik-Verantwortlichen", dass die Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Naturhaushalt durch die Verwendung transgener Pflanzen nicht beeinträchtigt werden dürfen.

 

Ansprechpartner:
Wilfried Franke
Dezernat für Umwelt und Technik
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