Landkreis übt für Katastrophenfall: 1.200 Retter und Helfer am 8. Oktober im Einsatz

Rettungskräfte, Hilfsorganisationen und mehrere Verwaltungen des Bodenseekreises üben am Samstag, 8. Oktober 2011 für den Katastrophenfall. Die Großübung mit rund 1.200 Beteiligten und 180 Fahrzeugen findet unter der Regie des Katastrophenstabes des Landratsamts statt. Neben schweren Unglücken wird dabei auch der Umgang mit einem großflächigen Stromausfall geübt. Im östlichen Bodenseekreis kann es wegen des Übungseinsatzes von Rettungskräften am Samstagvormittag vereinzelt zu Verkehrsbeeinträchtigungen und Behinderungen kommen.

„Für diese Übung haben wir zusammen mit Führungskräften der Hilfsorganisationen im Bodenseekreis wie Feuerwehren, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter Unfallhilfe, Technisches Hilfswerk sowie Polizei und Bundeswehr mehrere größere Einsatzszenarien entwickelt. Diese werden die Rettungskräfte vor ganz verschiedene Herausforderungen stellen, beispielsweise die Rettung vieler Menschen oder das Bergen von Gefahrenstoffen“, erklärt Dr. Michael Bussek, Leiter des Katastrophenstabes des Landratsamts. Auch eine internationale Wasserrettungsübung der Seeanrainerstaaten ist geplant. An drei Schwerpunkten im östlichen Bodenseekreis werden dafür zahlreiche Statisten die Opfer von großen Unfällen spielen.

Die Krisenmanager des Bodenseekreises müssen an diesem Samstag im Oktober aber noch mit einer zweiten großen Herausforderung fertig werden: ein großflächiger und lang andauernder Stromausfall. Zwar werde der Strom im Landkreis für die Übung nicht abgeschaltet, versichert Landrat Lothar Wölfle. Es sei aber wichtig, dass solch eine Situation einmal gedanklich durchgespielt und geübt werde: „Unser tägliches Leben ist extrem von der Verfügbarkeit elektrischer Energie abhängig. Ein Totalausfall in großem Umfang wäre tatsächlich eine Katastrophe, bedenkt man die Folgen allein in den Bereichen Verkehr, Sicherheit, Versorgung, Medizin und Kommunikation“, so Wölfle. „Wir wollen proben, wie man solch eine Lage wenigstens ansatzweise in den Griff bekommen kann. Denn auch bei vielen wichtigen Stellen des öffentlichen Lebens ginge das Licht aus und die meisten Kommunikationsstränge wie Telefon, Handy, E-Mail und Internet wären lahmgelegt“, macht der Landrat die Tragweite des Themas deutlich. Von diesem Teil der Katastrophenübung wird man draußen jedoch nichts mitbekommen, denn sie findet überwiegend theoretisch im Lagezentrum im Landratsamt statt.

Die Rettungsorganisationen im Bodenseekreis wissen noch nicht, was genau auf sie zukommt. Sie werden aber für die Übung von einem zentralen Sammelplatz im Raum Friedrichshafen operieren. „Wir wollen unnötige Risiken bei der Verkehrssicherheit vermeiden, indem wir die Einsatzkräfte nicht mit Blaulicht und Sirene von ihren Stützpunkten im gesamten Bodenseekreis ausrücken lassen“, erklärt Kreisbrandmeister Henning Nöh, der die Katastrophenübung wesentlich mitgeplant hat. „Außerdem werden wir parallel zur Übung eine flächendeckende Bereitschaft der Feuerwehr und des Rettungsdienstes einrichten - für den Fall, dass wirklich etwas passiert“, so Nöh.

Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Katastrophenschutzbehörden, also in diesem Fall das Landratsamt, regelmäßig für den Ernstfall üben. Nach der Übung „Terrex“ im Juli ist es in diesem Jahr bereits das zweite Mal, dass die Kreisbehörde ihren Katastrophenstab zusammenruft. Die letzte großflächige Übung fand im Jahr 2005 statt. Am 8. Oktober werden erstmals auch drei Gemeindeverwaltungen ihre Krisenstäbe aktivieren und an der Übung teilnehmen. „Es ist eine gute Sache, dass Tettnang, Eriskirch und Meckenbeuren sich diese Mühe machen, denn ein echter Katastrophenfall wäre niemals alleinige Sache des Landkreises. Da ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit auch in diesem Bereich klappt“, sagt Landrat Wölfle.

Die Katastrophenübung mit dem Namen „URI 2011“ - abgeleitet von der physikalischen Formel Spannung =  Widerstand * Strom - wird von Fachleuten im Argusaugen verfolgt werden: rund 20 Beobachter werden dem Krisenstab und den Einsatzkräften vor Ort über die Schultern schauen, um später Verbesserungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Verbindungsoffiziere der Bundeswehr werden an der Übung teilnehmen, um bei Bedarf zum Beispiel schweres Gerät oder Sanitätskapazitäten anzufordern, hier allerdings nur auf dem Papier. Außerdem haben sich über 30 Gäste angekündigt, darunter Vertreter benachbarter Landkreise, des Regierungspräsidiums und von Regierungsstellen Österreichs und der Schweiz sowie mehrere Bürgermeister und Politiker aus dem Bodenseekreis.

Der Katastrophenstab des Landratsamts nimmt seine Arbeit auf, wenn vom Landrat der Katastrophenfall ausgerufen worden ist. Dies geschieht bei großen Unglücken, die sich nicht mehr auf einen überschaubaren Raum beschränken beziehungsweise dort in ihrem Ausmaß nicht mehr mit eigenen Einsatzkräften und Mitteln beherrschbar sind. Die Sturmflut in Hamburg 1962 und das Elbehochwasser 2002 sind Beispiele für Katastrophenfälle. Im Bodenseekreis musste bislang glücklicherweise noch kein solcher Alarm ausgegeben werden.