Mit dem Kochlöffel zurück ins Leben

Hatten viel Spaß beim gemeinsamen Kochen (v. l.): Marlene Gindele, Barbara Kozlowska und „Chefköchin“ Marianne Fässler. Der Kochkurs des Jobcenters brachte den Teilnehmern nicht nur etwas Gutes für den Magen. Er sollte auch das Selbstwertgefühl steigern und die soziale Kompetenz fördern. Foto: Landratsamt Bodenseekreis

Einen Kochkurs der besonderen Art gab es im Dezember letzten Jahres beim Jobcenter des Bodenseekreises. Die Teilnehmer waren ältere Langzeitarbeitslose. Die Idee dahinter: „Wer kocht, entwickelt Phantasie, regt die Sinne an und tut sich selbst etwas Gutes“, erklärt Dominik Erdinger, Fallmanager beim Jobcenter. „Das Kochen gemeinsam mit anderen fördert außerdem den Austausch und die Sozialkompetenz“, so Erdinger weiter. Der dreitägige Kochkurs wurde vom Jobcenter im Rahmen des Projekts „Perspektive 50plus“ und in Zusammenarbeit mit der Justus-von-Liebig Schule organisiert.

Die angehende Hauswirtschaftsmeisterin Marianne Fässler übernahm die Rolle der Chefköchin und leitete den Kurs in der Markdorfer Außenstelle der Justus-von-Liebig-Schule. Sie ging auf die individuellen Bedürfnisse der fünf Teilnehmer ein. So konnte jeder in seinem eigenen Tempo arbeiten. Im theoretischen Teil erklärte Fässler die Ernährungspyramide, die Warenkunde sowie die richtige Nutzung des Kühlschranks. „Für viele mögen diese Dinge Selbstverständlichkeiten sein. Manche Menschen sind aber in Lebenssituationen geraten, wo sie das aus den Augen verloren haben“, erklärt Fässler.

Der praktische Teil des Kochkurses begann mit der Zubereitung verschiedener Brotaufstriche. Dann wurde über die Speisenfolge für das geplante Vier-Gänge-Menü diskutiert. Dazu gehörten auch die Berechnung der benötigten Mengen und die Planung des Einkaufs. Gemeinsam ging es danach in einen Supermarkt, um dort auf Preise, Herkunft und Verpackung der Ware zu achten. Zielvorgabe dabei war es, gesundes und gleichzeitig preiswertes Essen mit frischen Lebensmitteln herzustellen. „Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich selbst etwas Feines für mich gekocht. Dass das so einfach und kostengünstig ist und trotzdem so gut schmecken kann, hätte ich nicht gedacht“, berichtet ein Teilnehmer. Die Materialkosten für den gesamten Kochkurs betrugen weniger als zehn Euro pro Person. Dabei wurden die Bedürfnisse von Diabetes-Erkrankten ebenso berücksichtigt wie die eines muslimischen Teilnehmers.

Alle Personen, die am Kochkurs teilgenommen haben, wünschen sich, dass dieser fortgeführt wird. „So wollen wir weitermachen!“, dieser Satz fiel unter den Teilnehmern öfter. „Es tut gut, mit anderen etwas zu unternehmen und sie kennen zu lernen. Es wäre schön, wenn beim nächsten Mal noch mehr mitmachen würden“, so ein Teilnehmer. Das Jobcenter plant bereits einen neuen Kurs und auch die Justus-von-Liebig-Schule wird die Räumlichkeiten gerne wieder zur Verfügung stellen. „An der alten Weisheit, dass die Zubereitung eines guten Mahls auch die Seele nährt, ist offenkundig etwas Wahres dran“, so Marianne Fässler.

„Perspektive 50plus - Beschäftigungspaket für Ältere in den Regionen“ ist ein Programm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Es soll die Beschäftigungsfähigkeiten und Arbeitsmarktchancen älterer Langzeitarbeitsloser verbessern. Das Programm richtet sich also gezielt an Personen, die 50 Jahre und älter sind. Bei der individuellen Begleitung der älteren Langzeitarbeitslosen werden seitens des Jobcenters die spezifischen Lebensumstände beachtet. Denn diese Personen sind oftmals lange Zeit aus der Arbeitswelt ausgeschlossen, sie haben verschiedene Vermittlungshemmnisse, zum Beispiel Krankheiten, und sie leben zunehmend isoliert. „Das ist das größte Problem. Denn durch langes Alleinsein fehlt der persönliche Austausch mit Rückmeldungen, Anregungen und Anerkennung. Dadurch sinkt das Selbstwertgefühl permanent. Manche geben dann auch sich selbst auf und sorgen nicht mehr richtig für sich. Die Idee hinter dem Kochkurs ist es, diesen Teufelskreis aufzubrechen“, so Fallmanager Erdinger.