Zum Stand der Verkehrsprojekte im Bodenseekreis

Straßennetz ist an der Kante
Wie es bei den anderen Verkehrsprojekten im Kreis vorangeht erläuterten die Projektleiter und Infrastrukturexperten, die kompakt den aktuellen Stand der Schienen-, Straßen- und Radwegeprojekte im Bodenseekreis präsentierten. Landrat Lothar Wölfle fasste die Verkehrssituation im Landkreis zusammen: „Unser zentrales Problem hier ist: Das Straßennetz ist an der Kante. Wenn auch nur eine Kleinigkeit – wie an diesem Morgen eine kleine Baustelle in Hagnau – dazu kommt, bricht es zusammen.“ Er kenne die Situation persönlich, erzählte Barthle, wenn man im Bodenseekreis von A nach B wolle fahre man meistens hinter einem LKW her oder stehe im Stau. Baden-Württemberg komme erfreulicherweise bei den Investitionsplänen des Bundes gut weg – hier wurden alle 15 baureifen Projekte freigegegeben und mit 237 Millionen Euro gefördert –, und er stellte in Aussicht dass ein guter Batzen davon auch im Südwesten des Landes lande.
Grundsätzlich stehe die Investition in die Verkehrsinfrastruktur beim Bund oben auf der Prioritätenliste. Da bis zum Jahr 2030 eine Steigerung des Individualverkehrs um 13 Prozent, und eine Steigerung des Schwerlastverkehrs um 38 Prozent prognostiziert werde, seien diese Investitionen wichtig. Bis zum Jahr 2018 stelle der Bund dafür 40 Prozent mehr Mittel zur Verfügung. Im Straßenbau genießen die Projekte B30 Ravensburg – Friedrichshafen und B31 Friedrichshafen-Überlingen Priorität. Das Land könne aber mit einer weitergehenden Steigerung der Investitionen durch den Bund rechnen. Barthle sagte: „Mein Appell an die Landesregierung ist: Tun sie alles dafür, dass die Gelder, die wir von Berlin ins Land schaufeln, auch verbaut werden.“ Bundestagsabgeordneter Lothar Riebsamen (CDU) zeigte sich dankbar dafür, dass in den vergangenen elf Monaten mit den zwei Spatenstichen für die B31 neu in Friedrichshafen und Überlingen große Schritte gemacht wurden. Damit es auch bei den anderen Verkehrsprojekten weiter gehe, appelliere er an alle Beteiligten, sowohl Bürger als auch Behörden: „flexibel zu sein, wenn es um Kompromisse geht. Denn ohne die werden wir nicht zu Planfeststellungsbeschlüssen kommen.“ Und erst wenn es einen Planfeststellungsbeschluss gibt, kann es einen Finanzierungsbeschluss seitens des Bundes geben.

Verkehrskonferenz verdeutlicht Zusammenhänge und Potentiale
Riebsamen und Wölfle, die zur Konferenz eingeladen hatten, zeigten sich mit den Erkenntnissen, die die Informationsveranstaltung gebracht hat, höchst zufrieden. Es sei deutlich geworden, wo Synergien entstehen können. Riebsamen erklärte: „S21 und die Elektrifizierung der Südbahn eröffnen dem Fernverkehr ganz neue Möglichkeiten.“ Aber auch im Nahverkehr gebe es wertvolle Schnittstellen: e-Mobilität als ergänzendes Angebot der ÖPNV beispielsweise. Durch den Straßenbau ergeben sich Möglichkeiten für den Radwegebau: so ist bei Friedrichshafen der Bau von Radwegen auf einem Tunneldach im Gespräch. Dennoch: die Umsetzung der Projekte sei oft schwierig, gab Riebsamen zu bedenken: „Gerichtsverfahren verzögern die Prozesse unnötig. Deshalb ist es wichtig, im Voraus Konsens unter den Beteiligten zu erzielen.“ Eine angemessene Bürgerbeteiligung und wenn nötig die Unterstützung von Mediatoren sei hierfür unabdingbar.
Elektrifizierung der Südbahn: Dobrindt hat unterschrieben
Die Informationsveranstaltung wurde gekrönt von einer frohen Botschaft, die Barthle aus Berlin mitbrachte.  Nachdem der Bund sich in der vergangenen Woche bereits dazu entschlossen hatte, eventuelle Mehrkosten des Projekts alleine zu stemmen, habe Minister Dobrindt vor wenigen Stunden seine Unterschrift unter die Finanzierungsvereinbarung für die Elektrifizierung der Südbahn gesetzt. Nun fehlt nur noch die Unterschrift von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).

Die vorgestellten Projekte in Kürze

Neue Radwegekonzeption Bodenseekreis
Die Firma VIA aus Köln plant derzeit den Radwegeverkehr im Kreis. Der kann immerhin einen wichtigen Beitrag zur CO2-Minderung und zur Wirtschafts- und Tourismusförderung beitragen. Ziel ist eine Steigerung des Radverkehrsanteils von derzeit 13 Prozent auf 22 Prozent. Das Maßnahmenprogramm wird derzeit mit Vertretern von Kreis, Polizei, Behörden und Kommunen abgestimmt. Es wurde ein Radwegenetz entworfen, in das alle Gemeinden mit mehr als 500 Einwohnern eingebunden sind. Das „Alltagsnetz“, das die Gemeinden untereinander verbindet und das ergänzende „Freizeitnetz“ ergeben in Summe eine Radwegestrecke von 1.100 Kilometer. Das Maßnahmenkonzept umfasst die Planung von Neubau- bzw. Ausbauprojekten, aber auch Zusatzprojekte wie die Priorisierung von Wegen, die im Winter geräumt werden müssen oder die Minimierung von Gefahrenstellen wie Baustellen.

Emma – E-mobil mit Anschluss
Das Forschungsprojekt emma läuft von November 2012 bis April 2016. Danach soll es in den regulären Betrieb übergehen und ausgebaut werden. Gemeinsam mit verschiedenen Partnern wie Stadtwerk am See, Landratsamt oder Deutsche Bahn wurden seit 2012 Elektro-Fahrzeuge angeschafft und in Betrieb genommen. Das Ziel: Akzeptanz von E-Autos als Teil des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum schaffen, sowohl unter Bewohnern als auch Gästen des Landkreises. Die „E-Mobile mit Anschluss“ sind in das bodo-System eingebunden und können den Linienverkehr durch Verdichtung ergänzen. Je nach Partner – Gemeinde oder auch Unternehmen sind verschiedene Modelle anwendbar: Carsharing oder Mitfahrgelegenheiten. Ein Onlineangebot mit Routenplaner und eine Ladesäuleninfrastruktur (bis 2016 soll jede Gemeinde im Kreis über eine Ladesäule verfügen) ergänzen das Angebot. Derzeit nutzen es 70 bis 100 Fahrgäste pro Woche.

Zukunft der Bodensee-Oberschwaben-Bahn (BOB)
„Eine Bahn aus der Region für die Region“. Die sogenannte „Geißbockbahn“ wurde von fünf Gesellschaftern gegründet, nachdem sich die Deutsche Bahn 1988 aus dem Bodenseekreis in großen Teilen  zurückgezogen hatte. Obwohl Bahnverkehr eigentlich Aufgabe des Bundes war, ist BOB bis heute kommunal getragen. Pro Tag nutzen rund 5000 Fahrgäste die Bahn, die damit außergewöhnlich gut ausgelastet ist. Ebenfalls ungewöhnlich in Europa: BOB schreibt in vielen Jahren schwarze Zahlen. Welche Auswirkungen die Elektrifizierung der Südbahn auf die BOB haben wird ist noch nicht sicher.

Bodenseegürtelbahn
Die Bodenseegürtelbahn zwischen Radolfzell und Friedrichshafen fährt derzeit noch im „Stolpertakt“. Ziel ist ein regelmäßiger 30 Minuten-Takt. Außerdem soll laut Zielkonzept 2025 des Landes zukünftig stündlich je ein schnelles und ein langsames Produkt fahren.

Elektrifizierung Südbahn
Herausforderungen des Bundesländerübergreifenden Projektes sind die denkmalgeschützen Bauwerke auf der Strecke sowie die Tatsache, dass „unter dem rollenden Rad“, also während dem laufenden Betrieb gebaut werden muss. Das Investitionsvolumen beträgt 222,5 Millionen Euro. Alle fünf Abschnitte sind bereits planfestgestellt, einer ist rechtskräftig und die übrigen vier werden Anfang 2016 ebenfalls rechtskräftig sein. Nach der Bauphase zwischen 2018 und 2020 soll die elektrifizierte Südbahn – wie S21 - im Jahr 2021 in Betrieb genommen werden. Mit einem neuen Fahrplan eröffnen sich neue Möglichkeiten für den Fernverkehr.

Straßenbaumaßnahmen im Bodenseekreis durch Bund, Land und Kreis
Die Einzelprojekte an der B31 neu befinden sich in unterschiedlichen Planungs- bzw. Bauphasen. Während die Umfahrungen Friedrichshafen und Überlingen im Bau sind, werden an anderen Abschnitten noch die Planungsvarianten diskutiert. Die Ortsumfahrungen des Landes (Bermatingen, Neufrach, Urnau, Ellenfurt-Echbeck) wurden zu großen Teilen wieder aus dem Maßnahmenplan gestrichen. Der Landkreis wird in den kommenden Jahren 63 Millionen Euro in den Straßenbau investieren.