Kunstschulen zu Gast in Meersburg

Der 36. Kunstschultag des Landesverbandes der Kunstschulen Baden-Württemberg gastierte, anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Vorstudiums Kunst und Gestaltung, in Meersburg. Unter dem Motto „über kulturelles Kapital“ umfasste der Kunstschultag zwei Fach-Vorträge zum gesellschaftlichen Wirken von Kunstschulen, im Spiegelsaal des Schlosses. Am Nachmittag folgten Vorträge von zwei Professorinnen der staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und Stuttgart, in der Jugendkunstschule.  

Zu Gast waren, Mitglieder von über 40 Kunstschulen aus Baden-Württemberg, der Vorstand und die Geschäftsführung des Landesverbandes, Dozierende und Studierende des Vorstudiums, sowie Klaus Hoher MdL und Martin Hahn MdL. Landrat Luca Prayon, Sebastin Schmäh, stellvertretender Bürgermeister von Meersburg und Thomas Becker, Vorstand des Landesverbandes gratulierten in ihrer Begrüßung der Jugendkunstschule Bodenseekreis für ihr über 40-jähriges Wirken im Landkreis und dem Vorstudium zu ihrem 30-jähirgen Bestehen. Anna Blank, Leitung der Jugendkunstschule Bodenseekreis, erinnerte in ihren Begrüßungsworten an die Anfänge der Jugendkunstschulen, wie wir sie heute kennen, die, einer Meersburger Anekdote zufolge, hier auch ihre Anfänge fanden. Anfang der 1980er Jahre habe der damalige Ministerpräsident Lothar Späth bei einem gemeinsamen Kaffee in Meersburg, dem damaligen Bürgermeister, Ludwig Landwehr, vorgeschlagen eine Kunstschule zu gründen. Das war die Initiation der Kunstschule im Bodenseekreis und weiterer zehn Model-Kunstschulen, die sich bis heute bewährten. „Über kulturelles Kapital“, sei eine entfernte Anlehnung an den Soziologen Pierre Bourdieu, so Blank. Jugendkunstschulen generieren kulturelles Kapital, fördern es in der Breite und tragen es in die Gesellschaft hinein. Darin besteht ein wesentlicher Bestandteil von demokratie- und bildungsfördernden Aufgaben der Kunstschulen.

Yala Spiegel, Kunstwissenschaftlerin aus Konstanz und Alumni des Vorstudiums in Meersburg eröffnete mit einem wissenschaftlichen Blick auf die drei Vorstudien Baden-Württembergs; neben Meersburg bieten die Kunstschulen in Offenburg und Reutlingen ein ähnliches Angebot an. Die Vorstudien verstehen sich als ideale Vorbereitung auf ein kreatives, künstlerisches Studium. Junge Menschen haben hier die Möglichkeit, den Raum und die Zeit sich intensiv mit verschiedenen Perspektiven der Kunst auseinanderzusetzen, ihr eigenes Können zu vertiefen und ihre Bewerbungsmappen für die Hochschulen vorzubereiten. Die drei Vorstudien haben zwar unterschiedliche Stundenpläne, verfolgen aber alle einen ganzheitlich nachhaltigen Ansatz, der, so Spiegel, künstlerische Transformationsprozesse der jungen Menschen anstößt, die sich zwischen Schule und Hochschule bewegen.

Anschließend schlug die Künstlerin und Hochschuldozentin Vanessa Amoah Opoku in ihrem Impulsvortrag einen reflektierenden Bogen von ihrer eigenen künstlerischen Bildung hinzu ihrer interdisziplinären Kunst, die Technologie, Geschichte und marginalisierte Narrative multimedial positioniert. Auch ihr „kulturelles Kapital“ begann in einer Jugendkunstschule, von diesem persönlichen Ausgangspunkt ihrer eigenen Bildung führte sie das Publikum ein in ihre inklusive, verschiedene Realitäten umfassende, Kunst. Aber auch in die Art, wie sie Kunst verstehen will, als Ressource zur gesellschaftlichen Transformation. Bevorzugt praktiziert sie sie im Kollektiv, da Kollektive die Kraft haben, marginalisierten Geschichten eine stärkere Sichtbarkeit zu geben.  

Christina Griebel, Professorin der staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe, eröffnete den Nachmittag in der Jugendkunstschule. In einem poetisch künstlerischen Vortrag, ausgehend von Abschlussmappen, die sie ihre Absolventen erstellen lässt wirft sie einen „Blick zurück nach vorne“ und schlägt dabei einen generationenübergreifenden Bogen von der Arbeit ihrer Studierender zum Nachkriegskünstler und Dozenten HAP Grieshaber, in dessen künstlerischer Familientradition sie sich versteht. Dabei plädiert sie für eine künstlerische Ausbildung, die Kopf, Herz und Hand umfasst.

Hanna Hennenkemper, Professorin an der staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, schloss den Kunstschultag ab mit einem Vortrag über erfolgreiche Bewerbungsmappen. Anhand von Mappen ihrer Studierender gab sie Einblicke, wie diese an der Hochschule diskutiert werden, was die Dozierenden voraussetzen und wünschen. Vor allem sei interessant, was die Mappe über den Menschen hinter der Mappe Preis gibt.

Der Kunstschultag zum Thema „über kulturelles Kapital“ stimmte vor allem optimistisch, denn trotz knapper Kassen und befürchteten Kürzungen bei den Jugendkunstschulen waren sich die Teilnehmenden einig: Der gesellschaftliche Mehrwert der Arbeit von Jugendkunstschulen, das generieren und multiplizieren kulturellen Kapitals, ist unbezahlbar.