Zukunft der Pflege im Blick: Televisite, neue Expertenstandards und gesunde Pflegekräfte

Wie können Pflegeeinrichtungen sowohl die Sicherheit und Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner als auch der Mitarbeitenden stärker in den Blick nehmen – auch mit neuen digitalen Möglichkeiten? Diese Frage stand im Zentrum der diesjährigen Heimkonferenz im Landratsamt Bodenseekreis, zu der Sozialdezernent Ignaz Wetzel zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus stationären Einrichtungen begrüßte. Gemeinsam mit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), der Unfallkasse BW und dem Medizinischen Dienst BW bot die Sozialverwaltung ein abwechslungsreiches Fachprogramm für die Pflegepraxis.

Zu Beginn ging es um das vom Land geförderte Projekt „Digitale Gesundheitsbrücke Bodenseekreis“: In verschiedenen Piloteinrichtungen unterstützen Pflegefachkräfte hausärztliche Televisiten in den Bewohnerzimmern. Das heißt, sowohl die Fachkräfte als auch die Bewohnerinnen und Bewohner sind über Videoschalte live mit dem Hausarzt oder der Hausärztin verbunden. Die Fachkraft erhebt während der Visite verschiedene medizinische Parameter, die direkt per Datenübertragung dem Arzt oder der Ärztin zugänglich sind, so dass aus Untersuchung und Gespräch direkt Diagnosen erstellt oder Therapien verordnet werden können.

„Wir sehen eine Steigerung in der Versorgungsqualität, weil Ärztinnen und Ärzte im Bedarfsfall schneller eingebunden werden können“, erläuterte Roland Hund vom Projektpartner Stiftung Liebenau. Elena Dreher und Nicole Pottharst vom Gesundheitsamt zogen ebenfalls ein positives Zwischenfazit.

Herausforderungen bestünden vereinzelt noch bei der Ausstattung mit Breitbandanschlüssen sowie den rechtlichen Voraussetzungen für die dauerhafte Finanzierung. Auch Dr. Oliver Schäfer, Leiter des Gesundheitsamtes, und Sozialamtsleiter Ulrich Müllerschön halten dieses Modell für zukunftsweisend: „Wir benötigen zukünftig solche telemedizinischen Modelle, sowohl als Ergänzung als auch teilweise als Ersatz für Strukturen, insbesondere in ländlichen Regionen.“ Die nötigen rechtlichen Grundlagen, auch zur Finanzierung, dafür zu schaffen, sei Aufgabe der Politik. Die Vertreterinnen und Vertreter der Einrichtungen schlossen sich dieser Einschätzung an und forderten mit großer Mehrheit Bund und Land dazu auf, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme des Modells in die Regelversorgung zu etablieren.

Weiteres wichtiges Thema der Veranstaltung war der neue Expertenstandard Förderung der Mundgesundheit in der Pflege. Georgina Pavlidou vom Medizinischen Dienst sensibilisierte eindrücklich dafür, wie die Mundgesundheit zur Lebensqualität und zum Erhalt eines gesunden Allgemeinzustands beiträgt. Und wie Pflegeeinrichtungen dazu einen wesentlichen Beitrag leisten können, durch kompetente Beratungen und Unterstützung bei der täglichen Mundpflege der BewohnerInnen.

Mit Blick auf die Mitarbeitendengesundheit machte Präventionsexperte Dr. Johannes Wiest von der BGW deutlich, welchen Belastungen Pflegekräfte beim Bewegen von Menschen täglich ausgesetzt sind und welche Verantwortung Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung und der Minimierung von Muskel-Skelett-Belastungen tragen. Eine wichtige Hilfestellung hierbei ist die DGUV-Information 207-033 „Bewegung von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege: Muskel-Skelett-Belastungen – erkennen und beurteilen“.

Neben technischen und kleinen Hilfsmitteln seien organisatorische Maßnahmen und Schulungen zum rückengerechten Arbeiten elementare Bausteine, um die Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen. Ergänzend präsentierte Alexander Bach von der Unfallkasse neu entwickelte „Factsheets“ zu grundlegenden Themen des Arbeitsschutzes, die Führungs- und Leitungskräften bei ihrer innerbetrieblichen Präventionsarbeit praxisnahe Unterstützung bieten.

Edith Hafner informierte über die anstehende Reform des Heimrechts in Baden-Württemberg. Zukünftig werden Heimaufsichtsprüfungen stärker beratenden Charakter haben, die bürokratischen Anforderungen an Einrichtungen werden verschlankt. Trotzdem bleibe eine qualitätsgesicherte Versorgung im Landkreis weiterhin das Ziel.

 

Fotos: Landratsamt Bodenseekreis