Dieser Leitfaden richtet sich an Bauherrschaften im Bereich der Landwirtschaft, die Inhalte sind jedoch sinngemäß auf alle Baumaßnahmen im Außenbereich anzuwenden. Der Erhalt und die behutsame Weiterentwicklung unserer über Jahrhunderte entstandenen Kulturlandschaft ist ein wichtiges Anliegen und eine dauerhafte Zukunftsaufgabe des ganzen Landkreises. Ziel ist es, wesentliche Strukturen unserer schönen Landschaft für nachkommende Generationen zu erhalten und die freie Landschaft vor erheblichen Beeinträchtigungen und kurzlebigen baulichen Modeerscheinungen zu bewahren. Diese bewusst kompakte Zusammenstellung an Informationen soll es Bauherrinnen und Bauherren ermöglichen, frühzeitig die Empfehlungen des Landkreises in ihrer Planung für Bauten im Außenbereich zu berücksichtigen. Im Regelfall wird es sich hierbei um landwirtschaftliche Bauvorhaben handeln, die in diesem Leitfaden vorrangig im Fokus stehen.

Bei Einhaltung der folgenden gestalterischen Rahmenbedingungen kann die Bauherrschaft in der Regel davon ausgehen, dass es zu keinen nachträglichen Änderungen an der Bauplanung für die Belange des Naturschutzes in Bezug auf das Landschaftsbild kommt. So werden Zeitverlust und Zusatzkosten für eventuelle Umplanungen vermieden. Die rechtlichen Grundlagen für diese Vorgaben sind neben den Vorgaben des Baurechts, das den Außenbereich vor Verunstaltung schützt, vor allem die Ziele des Bundesnaturschutzgesetzes und dessen Regelungen zur Eingriffsminimierung. Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft sollen auf Dauer gesichert werden.
Zögern Sie nicht, bei Fragen und Zweifeln frühzeitig die Beratung des Landratsamtes in Anspruch zu nehmen. Das Landwirtschaftsamt und das Amt für Bauen, Klima und Mobilität stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.

Gebäude in der Landschaft und Baukultur
Bauen für die Landwirtschaft ist heute fast immer ein Bauen in der freien Landschaft. Im sogenannten Außenbereich gibt es keinen Bebauungsplan, der Gestaltungsfestsetzungen trifft und der im Regelfall durch die Gemeinde erarbeitet und den Gemeinderat beschlossen wurde. An diese Stelle tritt im Außenbereich u. a. die Beteiligung der Naturschutz- und der Bodenschutzbehörde des Landratsamtes durch die örtlich zuständige Baubehörde. Dem Privileg der Landwirtschaft, im Außenbereich bauen zu dürfen, steht die Verpflichtung gegenüber, diesen Gebäuden besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Landwirtschaftliche Betriebe unterliegen engen ökonomischen Rahmenbedingungen und müssen produktiv und wirtschaftlich handeln. Dies erfordert moderne und nützliche Wirtschaftsgebäude. Anforderungen z. B. an das Tierwohl, die Hygiene, den Umweltschutz und neue Bauvorschriften wirken sich aus auf die Gebäudeform und -anforderungen. So wie die landschaftstypischen alten Bauernhöfe die Produktionsbedingungen und betrieblichen Notwendigkeiten ihrer Zeit wiederspiegeln, so haben sich auch neue moderne Hofanlagen an solchen aktuellen Notwendigkeiten zu orientieren. Landwirtschaftliche Gebäude unterliegen in ihrer Gestaltung somit einem steten, zeitgemäßen Wandel. Ein „Bauen wie früher“ ist somit nicht zu fordern. Jedoch ist es möglich, durch wenige Planungs- und Gestaltungsmaßnahmen ein Gebäude in die Landschaft zu integrieren und dieses auch für Kundinnen/Kunden, Besucherinnen/Besucher und Gäste einladend und „dort hingehörend“ wirken zu lassen. Hierbei geht es nicht um ein Verstecken und Tarnen, sondern um das Integrieren in den Gebäudebestand und die Geländebeschaffenheit. Der Geschmack des Einzelnen oder die Mode der jeweiligen Zeit sind hier nicht die Maßstäbe, genauso wenig, wie persönliche Bewertungen in „schön und hässlich“ oder „gut und schlecht“. Hinzu kommt, dass das Projekt dem Vorhaben und der späteren Nutzung gegenüber angemessen sein muss. Auch Überlegungen zur kreativen Neunutzung des Gebäudebestandes und weitere Alternativenprüfungen gehören zu einer verantwortungsvollen Projektplanung dazu.

Standortwahl und Gebäudeform als Grundüberlegung
Ob sich ein Gebäude oder eine Hofstelle in das Landschaftsbild einfügt, hängt von vielen Faktoren ab. Bedeutend ist hier vor allem das am jeweiligen Standort vorliegende Landschaftsbild. Dies gibt durch Flächigkeit natürliche Geländebesonderheiten, wie Geländekanten, Hänge, Gewässer, Bewuchs, Wald, Gehölze oder Alleen, aber auch bereits vorhandene Gebäude, Straßen oder Wege, optische Merkmale vor. Die Gebäudeform wird fast immer von der geplanten Gebäudenutzung und den wirtschaftlichen Erfordernissen vorbestimmt. Einflussmöglichkeit besteht jedoch bei Grundfläche und Höhe, also den Proportionen, der Dachform und Dachneigung und der Gliederung von Flächen und Fassaden. Wie wird sich also nun ein neues Gebäude in diese Vorgaben einfügen? Wird es stimmig dazugehören, oder als Fremdkörper wahrgenommen werden? Wird das neue Gebäude in Form, Gestalt und seiner Wirkung aus Materialien und Farbe einen Zusammenhang mit der Landschaft und den anderen Gebäuden in der Nähe bilden? Hinzu kommt die Überlegung, ob durch den Neubau und eventuell dafür nötige Wege und Flächen auch möglichst wenig Boden versiegelt, abgegraben oder aufgefüllt wird und somit nur so viel wie nötig in die Natur eingegriffen wird.

Fassade und Materialien
Die traditionelle Baukultur war, neben handwerklichen Traditionen und den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit, vor allem durch das vorhandene und regional verfügbare Baumaterial geprägt. Hinzu kamen die betrieblichen Rahmenbedingungen und die Unterstützung der Arbeitsabläufe durch die Gebäudefunktionen. Durch moderne betriebliche Anforderungen, neue Materialien, Bautechniken und Maschinen gibt es heute viel mehr Wahlmöglichkeiten und Variationen bei der Erstellung von Gebäuden. Diese reichen von Bauten in klassischer, solider Handwerkstradition bis hin zu industriell geplanten und gefertigten Standardgebäuden. Hinzu kommt die Frage nach der Flexibilität, der Reparaturmöglichkeit, der Nachhaltigkeit, dem Pflegeaufwand und auch den Entsorgungsmöglichkeiten der Materialien nach der Nutzung. Dies gilt auch für die Gestaltung und Struktur der Fassaden und der Wahl der Materialien. So ist es unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsbildes wünschenswert, dass die Fassade an großen Gebäuden gegliedert wird und aus der Nähe eine Oberflächenstruktur erkennen lässt. Eine fugenlose, glatte „Haut“ lässt ein Gebäude wie einen Fremdkörper oder „Klotz“ erscheinen. Sichtbar gelassene Teile der Konstruktion helfen, lange Fassaden zu untergliedern und machen auch deutlich, wie ein Gebäude statisch funktioniert. Auch ein gestalterisches Hindeuten auf die landwirtschaftliche Funktion des Gebäudes, ohne diese zu verstecken, hilft, das Gebäude in der Landschaft zu akzeptieren. Bei der Materialwahl sollte auf die Umweltfreundlichkeit der Lebens- und Nutzungszyklen, von der Beschaffung, der Verarbeitung, über die Pflege und Reparaturfähigkeit, bis hin zur Entsorgung geachtet werden. Die Verwendung von heimischem Holz ist wünschenswert, weil dieses die regionale Wertschöpfung stärkt. Glänzende Oberflächen oder Baustoffe, die andere Materialien imitieren, sollen vermieden werden.

Dachform, Dachneigung
Die Frage, wie z. B. ein Dach in der freien Landschaft geformt sein sollte, wurde früher fast ausschließlich durch die betrieblichen Erfordernisse, aber auch durch das Klima, die Witterung, örtlich verfügbare Baumaterialien und die statischen und technischen Möglichkeiten der jeweiligen handwerklichen Bautechnik vorgegeben. Solche Beschränkungen bestehen heute kaum noch. Die im Bodenseekreis überwiegend vorhandene Dachform im Außenbereich ist das Satteldach mit mindestens 20° Dachneigung. Andere Dachformen, wie z. B. das einseitige Pultdach oder Flachdächer, sind heute ebenfalls Stand der Technik. Auch solche Dachformen können stimmig in die Landschaft eingebunden werden.

Farbgebung
Die Farbgebung einer Gebäudefassade oder eines Dachs hat bei der optischen Wirkung im Landschaftsbild eine besondere Bedeutung. Die Farbe ist neben der Gebäudeform das am meisten auffällige und auch aus der Weite deutlichste Merkmal eines Gebäudes. Dies bedingt, dass die Farben nicht glänzend, grell oder reflektierend sein sollten und der Farbton sich bezogen auf den Untergrund und den Hintergrund durch die Jahreszeiten hindurch in die Landschaft einfügt. Üblicherweise wird dies durch „gebrochene“ Farben, also nicht die reinen Farben erreicht. Bei der Nutzung von natürlichen, ortstypischen Baustoffen wie Natursteinen, Steinplatten oder Holz ergibt sich, selbst bei der natürlichen Alterung oder Verwitterung der Baustoffe, die Verbindung von Bauwerk und Landschaft wie selbstverständlich. Bei den Dachfarben gibt der Gebäudebestand der Hofstelle einen Rahmen für die möglichen neuen Dachfarbtöne vor. Im Regelfall sollte das Dach in rot, rotbraun ausgeführt werden. Glänzende Materialien oder gar das Erzeugen von Mustern oder Informationen auf der Dachfläche (z. B. Bilder, Worte, Zahlen) sind zu vermeiden.

Bepflanzung und Gestaltung von Außenräumen
Ein natürliches Einbinden in die Landschaft kann auch durch bewusste Bepflanzung geschehen. Hier gibt die vorhandene Grünstruktur der Landschaft wertvolle Hinweise, die durch Ergänzungen das spätere Gesamtbild als selbstverständlich erscheinen lässt. Hiermit ist kein Verstecken der Gebäude in einem dichten Wall oder einer Grüninsel gemeint, die wie ein Fremdkörper in der Landschaft stehen, sondern das Herstellen eines natürlichen Bezugs zur Umgebung. Hier sind die Anknüpfung und Ergänzung vorhandener Gehölze und eine nach Art, Höhe und Größe ausgewählte Bepflanzung mit heimischen Bäumen und Sträuchern der richtige Weg. Eine funktionsbedingte Eintönigkeit der Hofstelle oder eine Beziehungslosigkeit von Baukörpern zur Umgebung kann so auch nachträglich gemildert oder verhindert werden.

Beratung im Zweifelsfall
Bedingt durch die standorttypischen Variationen und Möglichkeiten kann, wie oben dargestellt, kein allgemeingültiges Regelwerk als „Kochrezept“ vorgelegt werden. Dieser Leitfaden versucht die behördliche Vorgehensweise deutlich und verständlich zu machen. Er soll aufzeigen, wie das Baurechtsamt und das Landratsamt ein Bauvorhaben im Außenbereich unter gestalterischen Aspekten beurteilen. Im Anhang zu diesem Leitfaden ist eine kurze knappe Zusammenfassung mit Grundregeln zusammengestellt. Sind die Grundregeln eingehalten und die allgemeinen Prinzipien dieses Leitfadens berücksichtigt, können Bauherren und Bauherrinnen von einer Akzeptanz der gestalterischen Aspekte des Bauvorhabens ausgehen. In einzelnen Fällen können Zweifel über die Einhaltung des Regelwerks bestehen oder kann dieses unverhältnismäßig erscheinen. In diesen Fällen bieten wir Ihnen auch kurzfristig eine kostenlose Vor-Ort-Beratung an. Wichtig ist hier eine frühzeitige Einbindung unseres Fachpersonals, damit nachträgliche Planänderungen vermieden werden und das Bauvorhaben nicht unnötig verzögert wird.

Literaturliste:
Landwirtschaftliches Bauen & Landschaft, RP Tübingen, 2006
Bauen auf dem Lande, LRA Bodenseekreis, 1986
Bauen im Außenbereich, Kreis Düren, 2010
Die neue Debatte über Kulturlandschaft in Naturschutz und Landschaftspflege, Stefan Körner, Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL), Laufener Spezialbeiträge 1/2008
Die Verwissenschaftlichung kultureller Qualität in der Landschaftsplanung und im Naturschutz, Dietrich Kraetzschmer, Planungsgruppe Ökologie und Umwelt GmbH, Hannover, 2004
Tradition und Trends im Naturschutz, Werner Konold, ANL, 2003
Ist das Landschaftsbild messbar und bewertbar? – Bestandsaufnahme und Ausblick, Werner Nohl, Kirchheim 2010
Baukultur in ländlichen Räumen, BMVBS 2013
Naturschutzstrategie Baden-Württemberg, UM Baden-Württemberg 2014

Kontakt

Amt für Bauen, Klima und Mobilität
Baurecht
Tel.: 07541/204-5241
baurecht@bodenseekreis.de

Landwirtschaftsamt
Tel.: 07541/204-5800
landwirtschaftsamt@bodenseekreis.de