Erweitertes Führungszeugnis/Präventions- und Schutzkonzept/Vereinbarungen nach § 8a und § 72a SGB VIII

Am 1. Oktober 2005 wurde der Schutzauftrag in der Kinder- und Jugendhilfe gesetzlich konkretisiert. Kern war die Einführung der §§ 8a und 72a SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz), die das Verfahren bei gewichtigen Anhaltspunkten von Kindeswohlgefährdung regeln. Durch Vereinbarungen zwischen dem öffentlichen Träger und den freien Trägern der Jugendhilfe soll sichergestellt werden, dass das Verfahren eingehalten und ausschließlich geeignetes Personal hauptamtlich beschäftigt wird. Über ein Führungszeugnis ist seither zu prüfen, ob einschlägige Vorstrafen vorliegen, insbesondere wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit. Mit dem seit 1. Januar 2012 geltenden Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) wurde § 72a SGB VIII erweitert. Die Neuregelung sieht nun vor, dass auch ehrenamtlich tätige Personen überprüft werden müssen. Somit haben nunmehr sowohl haupt- als auch ehrenamtlich in der Jugendhilfe tätige Personen ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen.

Nach dem Gesetzestext soll …

  • sichergestellt sein, dass keine einschlägig vorbestrafte ehrenamtlich tätige Person in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat,
  • der öffentliche Träger der Jugendhilfe über die Tätigkeiten entscheiden, die aufgrund von Art, Intensität und Dauer des Kontaktes mit den Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis wahrgenommen werden dürfen.

Umsetzung im Bodenseekreis

Das Jugendamt (örtlicher und öffentlicher Träger der Jugendhilfe) ist verpflichtet, die oben genannten Regelungen des § 72 a SGB VIII im Bodenseekreis umzusetzen. Ehrenamtliche, die sich z.B. in der kirchlichen Jugend- und Verbandsarbeit, in der offenen Jugendarbeit, in Vereinen (Sport, Musik, Kunst und Kultur), der Freiwilligen Feuerwehr oder ähnlichen Diensten (freie Träger der Jugendhilfe) engagieren, sind davon betroffen. Im Bodenseekreis gilt die Vorgabe, dass jede Person ab dem Alter von 14 Jahren, die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen hat.

Die Umsetzung des § 72 a SGB VIII soll auf Grundlage der Arbeitshilfe des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) unter Beachtung der folgenden Konkretisierung erreicht werden:

Grundsatz:

Es soll keine Atmosphäre von Verdächtigung und Misstrauen entstehen. Ziel ist es vielmehr, dass die ehrenamtlich Tätigen den Kinderschutz und die Prävention in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als allgemeines Selbstverständnis sehen und als Normalität wahrnehmen. Dabei wird das Ehrenamt weiterhin als eine wichtige Säule der Gemeinschaft gewürdigt und ist aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen nicht wegzudenken. Ohne ehrenamtliches Engagement könnten viele Angebote im sozialen und kulturellen Bereich nicht realisiert werden. Gerade bei Jugendlichen gilt es, sie für das ehrenamtliche Engagement zu gewinnen. Das Führungszeugnis soll dabei nicht als bürokratische Hürde verstanden werden, sondern als Qualitätsstandard in der ehrenamtlichen Kinder- und Jugendarbeit. 

Vereinbarungen mit Trägern, Organisationen und Vereinen

Vereine und Organisationen, die im Bodenseekreis in der freien Jugendhilfe aktiv sind (also Jugendarbeit leisten bzw. Kinder und Jugendliche in irgendeiner Weise betreuen oder mit ihnen regelmäßig umgehen), müssen mit dem Jugendamt eine Kooperationsvereinbarung schließen. Die Vereinbarungen werden unabhängig von einer öffentlichen Finanzierung geschlossen. Inhalte der Vereinbarung sind insbesondere:

  • die Verpflichtung, in der Kinder- und Jugendarbeit keine Personen haupt- oder ehrenamtlich einzusetzen, die rechtskräftig wegen einer einschlägigen Straftat verurteilt worden sind
  • die Umsetzung eines Präventions- und Schutzkonzeptes
  • die Qualifizierung der Ehrenamtlichen

Vereine und Organisationen, die die hier genannten Voraussetzungen erfüllen, um die Vereinbarung mit dem Landratsamt zu schließen, wenden sich bitte an Frau Münzer, Fachstelle Kinderschutz. Um die Vereinbarung schließen zu können, muss das Präventions- und Schutzkonzept zur Einsicht vorgelegt werden und Namen und Funktion der für den Verein unterzeichnenden Personen mitgeteilt werden, damit das entsprechende Dokument vorbereitet werden kann.

Präventions- und Schutzkonzept

Vereine und Organisationen im Bodenseekreis, die Träger der freien Jugendhilfe sind, sollen für sich ein Präventions- und Schutzkonzept erarbeiten und umsetzen. Das Landratsamt kann aus juristischen Gründen hierzu leider keine Vorlage oder abschließende Hinweise geben. Auch werden die jeweiligen Konzepte bei Vorlage im Rahmen der Vereinbarung zwischen Träger und Jugendamt nicht durch die Behörde bewertet. Das Jugendamt empfiehlt aber, bei der Erarbeitung folgende Aspekte zur berücksichtigen:

  • Leitbild und Selbstverständnis
  • Verhaltenskodex
  • Ansprechpartner/Schutzbeauftragte
  • Qualifikation/Ausbildung/Fortbildung
  • Vorlagepflicht eines erweiterten Führungszeugnisses/ einer Selbstverpflichtungserklärung und die dazugehörige systematische Dokumentation
  • Verfahrensablauf/Vorgehen bei dem Verdacht auf Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen
  • Partizipation von Kindern und Jugendlichen
  • Beschwerdeverfahren
  • Notfallplan

Darüber hinaus können im individuellen Fall jeder Organisation weitere Themenbereiche für solch ein Konzept bedeutsam sein.

Die Umsetzung des Präventions-und Schutzkonzepte der Dachverbände wird vom Landratsamt unterstützt. Bei der Erarbeitung oder Weiterentwicklung bietet der Landkreis in bestimmten Umfang Beratung und Unterstützung an.

Selbstverpflichtungserklärung

Vereins- und Organisationsangehörige, die nicht regelmäßig in der Jugendarbeit tätig sind, jedoch ehrenamtlich gelegentlich an der Betreuung von Kindern und Jugendlichen mitwirken, können statt der Vorlage eines Erweiterten Führungszeugnisses eine Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnen. Darin versichern sie, dass sie nicht wegen einer einschlägigen Straftat verurteilt sind und verpflichten sich, den Träger bei Einleitung eines entsprechenden Strafverfahrens zu informieren.

Erweitertes Führungszeugnis

Personen, die im Bodenseekreis ehrenamtlich in der freien Jugendhilfe aktiv sind, müssen der entsprechenden Organisation ein Erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Rechtsgrundlage dafür ist § 72a SGB VIII - Sozialgesetzbuch (SGB), Achtes Buch (VIII).
 

Verfahrensablauf

Beantragung des erweiterten Führungszeugnisses bei der Gemeindeverwaltung unter Vorlage

  • einer Bestätigung des Vereins für die Beantragung eines erweiterten Führungszeugnisses gem. § 30a Abs. 2 BZRG und Gebührenbefreiung (s. Anlage)
  • Pass oder Personalausweis

Das Führungszeugnis wird dem Antragsteller persönlich zugestellt.

Vorlage des Führungszeugnisses

  • beim Vorstand des Vereins oder Trägers oder
  • bei der Wohnsitzgemeinde (nach Vereinbarung) oder
  • beim Landratsamt (nach Vereinbarung)

Dokumentation

  • Dokumentiert werden der Name, das Datum der Einsichtnahme und das Vorliegen einer Eintragung (Wahrung des Datenschutzes)
  • Bei Einsichtnahme durch die Gemeinde oder das Landratsamt erstellt diese/s eine Bescheinigung über die Einsichtnahme die beim Verein vorgelegt werden kann (Negativbescheinigung)

Das erweiterte Führungszeugnis darf bei Vorlage nicht älter als 3 Monate sein. Wiedervorlage nach 5 Jahren

Kosten
Das erweiterte Führungszeugnis ist für ehrenamtlich Tätige gebührenfrei. Mit der Bestätigung des Trägers bzw. Vereins kann das erweiterte Führungszeugnis bei der Wohnsitzgemeinde gebührenfrei beantragt werden. Für nebenamtlich Tätige ist das erweiterte Führungszeugnis gebührenpflichtig. Es fallen dabei Kosten in Höhe von 13,00 Euro an.

Rechtsgrundlagen
§ 72a SGB VIII - Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII)